Das Literaturfest freut sich auf zahlreiche Gäste, auf Autor:innen und Vorleser:innen. Vorab führten wir ein Gespräch mit Frau Dr. Julia Gerlach, Politikwissenschaftlerin mit Fokus auf Osteuropa und Studienleiterin bei der Evangelischen Akademie Sachsen. Sie wird am 10. Juni, 20.00 Uhr im Raum der SEEG An der Frauenkirche 4 ein ganz besonderes Buch vorstellen, ein Buch, das vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine gerade aktueller ist denn je:
»Offene Wunden Osteuropas. Reisen zu Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs«
von Franziska Davies und Katja Makhotina.
Frau Dr. Gerlach sagte uns, warum sie gerade dieses Buch ausgewählt hat:
»Es ist ein Reisebericht, es ist Analytisches da, historische Fakten – und dann kommen noch die Gespräche mit Zeitzeugen dazu. Diese unterschiedlichen Perspektiven zeigen auch, wie komplex Geschichte ist. Der Umgang mit Geschichte und das Kriegsthema sind für ganz Europa relevant – die Erinnerung an das Geschehen im Zweiten Weltkrieg, aber auch gerade jetzt ganz aktuell der Krieg in der Ukraine. Oft gibt es bei uns eine gewisse Müdigkeit diesen Themen gegenüber – wir sind mit uns beschäftigt, beklagen, wie schlecht es uns geht und dass alles teurer wird, während in der Ukraine Menschen sterben. Wir dürfen aber nicht aufhören, hinzuschauen und zuzuhören, wir dürfen nicht aufhören, kritisch zu sein. Wir dürfen nicht aufhören, an die Menschen zu denken, die unter dem Krieg leiden. Das Thema muss wachgehalten werden. Deshalb finde ich das Buch und die Lesung beim Literaturfest in Meißen so wichtig. Und ich hoffe, dass wir im Anschluss an die Lesung auch mit dem Publikum ins Gespräch kommen.«
Julia Gerlach, Sie sind promovierte Politikwissenschaftlerin und arbeiten als Studienleiterin bei der Evangelischen Akademie Sachsen mit Fokus auf das östliche Europa. Warum haben Sie gerade dieses Buch für eine Lesung beim Literaturfest in Meißen ausgewählt?
»Der Krieg in der Ukraine ist etwas, was mich sehr beschäftigt – in meiner Arbeit als Politikwissenschaftlerin, aber auch ganz privat, als Mensch. Was alles hinter diesem Kriegsausbruch steht und wie Putin und andere auch mit Geschichte spielen, Geschichte auch verfälschen und nutzen als Argument für diesen Krieg. Das sollte uns auch zeigen, wie wichtig es ist, dass wir uns mit Geschichte beschäftigen und damit, wie wir uns erinnern, in welchen Rahmen wir bestimmte Ereignisse setzen, welche Perspektiven und Erkenntnisse sich daraus ergeben. Deswegen finde ich dieses Buch so wichtig und so stark, weil es von zwei Historikerinnen geschrieben ist, die sich wirklich auskennen, die kritisch hinterfragen und versuchen zu verstehen, was die Menschen bewegt.
Mit beiden Autorinnen habe ich im Rahmen von Veranstaltungen bereits zusammengearbeitet. Sie sind anerkannte Historikerinnen und arbeiten wissenschaftlich, aber zugleich ist das Buch auch ein Reisebericht, in dem Gespräche mit Menschen geführt werden. Das gibt ihm auch etwas sehr Lebendiges über eine rein historische Analyse hinaus. Und das passt auch zu diesem Krieg, in dem es ja vor allem auch um Menschen geht, die unter der Situation leiden. Ich glaube, dass das Buch dabei helfen kann, durch den Blick
auf die Geschichte auch das Heute besser zu verstehen. Ich finde das Buch einfach klasse.«
Das Buch »Offene Wunden Osteuropas« ist kurz nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine erschienen und wurde dadurch ganz unerwartet sehr aktuell …
»Die Entstehungsgeschichte geht einige Jahre zurück, in denen die beiden Autorinnen auf den Spuren der Geschichte durch Osteuropa gereist sind und Gespräche mit Zeitzeugen geführt haben. Sie erzählen über Erinnerungsorte wie Lwiw, Majdanek, Stalingrad, Babyn Jar, den Aufstand der Juden im Waschauer Ghetto oder das Holocaust-Gedenken in Weißrussland und reisten u. a. auch durch das Baltikum.«
Warum sollten die Menschen in Deutschland sich für dieses Buch interessieren?
»Es ist ein Reisebericht, es ist Analytisches da, historische Fakten – und dann kommen noch die Gespräche mit Zeitzeugen dazu. Diese unterschiedlichen Perspektiven zeigen auch, wie komplex Geschichte ist. Der Umgang mit Geschichte und das Kriegsthema sind für ganz Europa relevant – die Erinnerung an das Geschehen im Zweiten Weltkrieg, aber auch gerade jetzt ganz aktuell der Krieg in der Ukraine. Oft gibt es bei uns eine gewisse Müdigkeit diesen Themen gegenüber – wir sind mit uns beschäftigt, beklagen, wie schlecht es uns geht und dass alles teurer wird, während in der Ukraine Menschen sterben. Wir dürfen aber nicht aufhören, hinzuschauen und zuzuhören, wir dürfen nicht aufhören, kritisch zu sein. Wir dürfen nicht aufhören, an die Menschen zu denken, die unter dem Krieg leiden. Das Thema muss wachgehalten werden. Deshalb finde ich das Buch und die Lesung beim Literaturfest in Meißen so wichtig. Und ich hoffe, dass wir im Anschluss an die Lesung auch mit dem Publikum ins Gespräch kommen.«
Das Gespräch mit Dr. Julia Gerlach führten Walfriede Hartmann und Barbara Miklaw.